Bernhard Mertens erklärt die "Muttergottes" von Stefan Lochner

Kölns größter Maler

Köln – Meistermaler, gibt`s das heute noch? Oh, ja. Der Kölner Künstler Bernhard Mertens gehört zu den Stars seiner Zunft. Er steht in einer Tradition, die viele Jahrhunderte zurückreicht. Heute erzählt er uns eine Geschichte aus der Geschichte. Eine Verbeugung vor der Kunst – und eine Zeitreise: Coelln im Mittelalter. Wir schreiben das Jahr 1450. Erst in 25 Jahren wird sich Coelln offiziell mit dem Titel "Freie Reichstadt" schmücken dürfen. Der Handel flo-riert, der Reichtum wächst – und die Stadt boomt.

Es könnte ein kühler Frühlingsmorgen gewesen sein, als sich ein reicher Handelsherr durch das Gedrängel auf dem Quatermarkt schiebt. Vorbei am prachtvollen Gürzenich. "Der Herren Tanzhaus" ist erst seit sechs Jahren fertig.

Schließlich erreicht der wohlhabende Unbekannte sein Ziel. Ein Doppelhaus im Kirchspiel St. Alban; genannt zum (kleinen) Karfunkel und zum alten Grin. Hier wohnt Stefan Lochner. Ein Künstler vom Bodensee. Ein Mann um die 50, verheiratet mit Lisbeth, keine Kinder. Lochner ist wohlhabend – auch wenn auf dem schmucken Haus noch eine Hypothek lastet.

Stefan Lochner ist einer der besten Maler von Coelln. In der einen Haushälfte hat er seine Werkstatt einge-richtet. Viele Malergehilfen stehen ihm zu Seite. Hier erteilt ihm der reiche Handelsherr den Auftrag:
"Male er mir eine Muttergottes. Eine Himmelskönigin in einem goldenen Paradiesgarten. Ein prachtvolles Andachtsbild für Zuhause. Nicht zu groß, nicht zu klein. Aber bitte von höchster Qualität."

Lochner legt los. Monatelang. Die Ölfarbe braucht immer wieder viel Zeit zum Trocknen – und solange malt Lochner an anderen Werken. So entsteht die "Muttergottes in der Rosenlaube", 50,5 x 40 Zentimeter groß auf Eichenholz. Einer seiner berühmtesten Gemälde – und das bis heute letzte erhaltene Meisterwerk. Lochner stirbt schon ein Jahr später – vermutlich an der Pest. Doch die "Muttergottes" hat die Zeiten überdauert. Heute gehört sie zu den wichtigsten Werken im Wallraf-Richartz-Museum – und hängt von ihrem Entstehungsort fast nur einen Steinwurf entfernt. Ich persönlich staune oft davor. Diese wunderschöne "Muttergottes" – auf mich wirkt sie wie ein Tropfen der Ewigkeit"

(Aufgezeichnet von Alice Keldenich)